Thema: Mozarts Kreativität in seinen Klavierkonzerten

Maximaler Ideenreichtum pro Quadratzentimeter Musik

"Badische Zeitung" vom 19.02.2016

OFFENBURG. Die gute Nachricht für alle Fans der Klassikvorträge des Musikwissenschaftlers Stefan Schaub am "Montag nach Aschermittwoch" gab es gleich zu Beginn des Abends. Schaub macht weiter, verkündete die neue Leiterin der Volkshochschule Offenburg, Elisabeth Asche. Allerdings nicht am bisherigen Jour fixe, also dem Montag nach Aschermittwoch. Er könne sich gut vorstellen, auch weiterhin Klassikvorträge im bisherigen Rahmen – also einmal pro Jahr über die VHS – anzubieten, erklärte Schaub. "Wenn wir uns von dem Ritualtermin verabschieden und das zu wechselnden Zeitpunkten machen." Musikfreunde können sich ja das ganze Jahr über zusammenfinden.

Am Nachmittag sei er sich noch ganz sicher gewesen, dass er aufhören werde. "Aber dann kommt all das Publikum, und sie freuen sich auf den Abend", sagte Schaub später. Und er wiederum freue sich an diesem großen Interesse an der klassischen Musik. Wenn er künftig freier in der Planung sei, wolle er weitermachen. Für seinen vermeintlich letzten Abend entschied sich der bekennende Mozart-Fan für Mozarts Klavierkonzerte.

Mozart ist für Schaub das musikalische Genie schlechthin, mit "maximalem Ideenreichtum pro Quadratzentimeter Musik", wie der Appenweierer es ausdrückt. Das finde sich bei Mozart in allen Werk-Gattungen, und besonders in den Klavierkonzerten.

Zum Beleg präsentiert Schaub mittels Einspielungen der Pianistenlegende Alfred Brendel dem Publikum im ausverkauften Salmen ein Medley aus ersten halben Minuten von zwölf der insgesamt 27 Klavierkonzerte Mozarts – natürlich nicht ohne Analyse. Zunächst die Konzerte Nummer 5, 7, 13 und 15 – alles völlig unterschiedliche Einstiege, mal sinfonisch breit, mal mit Taa-Taa-Taa-Fanfare, die von einem Takt zum nächsten ins Lyrische kippt. Mal in sich steigernden Wellen, immer erregter. Und schießlich ein Auftakt mit zarten Holzbläsern, tänzerisch-elegant. Dann kommen die Nummern 16, 17, 18, 19, entstanden von Ende März bis Anfang Dezember 1784, mit dreimonatiger Sommerpause dazwischen. Diese Werke haben alle ein ähnliches rhythmisches Anfangsmotiv, das aber stets völlig unterschiedlich daherkommt: mit Forte und Power, verspielt, neckisch-lockend. Schaub illustriert die Musik mit den Händen, tupft eine Kontrabasslinie in die Luft, zieht mit dem Finger den Klangstrich einer Oboe nach, demonstriert Kontraste im Rhythmus, in der Klangfarbe, der Dynamik, der Stimmung. Nebenher gibt es Hörer-Tipps: "Richten Sie bei Mozart immer ein Ohr auf die Holzbläser." Oder: "Wie unterscheidet man Mozart von Haydn?" Antwort: "Je Seufzer, desto Mozart." Als Beweis gibt es eine Passage aus Klavierkonzert Numero 9, wo die Seufzer wie Girlanden aneinander hängen. Ultra-Mozart-Fans könne man übrigens am KfZ-Kennzeichen erkennen. Beispiel: OG-KV 271, wobei KV das Köchelverzeichnis benennt, die Auflistung aller Mozart-Werke, und 271 dann für das entsprechende Werk stehe. Derlei kabarettistisch dargebotene Trivia machen Laune. Im Verein mit der Schaubs’chen Sachkenntnis und seiner mühelos sich aufs Publikum übertragende Begeisterung entstehen diese launigen und Lust aufs Hören machenden Vortragsabende. Umso schöner war es, dass Stefan Schaub sich wie gewohnt verabschiedete: "Danke fürs Zuhören und bis zum nächsten Mal."

Robert Ullmann